Was ist nur
mit Nicole Kidman los? Die zurückhaltende Ehefrau des Megastars
Tom Cruise ("Hat die nicht auch mal geschauspielert?")
ist Vergangenheit, seit der Scheidung scheint sie nicht nur ihr
Privatleben neu zu ordnen, auch auf der Leinwand ist kaum noch etwas
so, wie es mal war. Zuletzt als Satine in Moulin Rouge opulent und
sexy, kommt sie nun in The Others verschlossen und mysteriös
auf die Leinwand. Und auch dieses Mal wieder macht sie eine wirklich
gute Figur und spielt die Grace mal leidenschaftlich, mal reserviert,
nur um Sekundenbruchteile später vor Wut zu explodieren. Sie
schafft es, eine gebrochene Frau zu spielen, der man die Geheimnisse,
die sie umgeben ansieht.
Wir schreiben
das Jahr 1945. Die Kamera fährt durch den Nebel auf einen einsam
gelegenen Landsitz auf der Kanalinsel Jersey zu. Im Inneren leben
Grace sowie ihre Kinder Anne und Nicholas. Der Vater ist im Krieg
gestorben, die nächste Ortschaft ist weit weg. Alle Vorhänge
sind zugezogen, denn die Kinder haben eine gefährliche Lichtallergie.
In dieser etwas bedrückenden Atmosphäre lebt und lernt
die kleine Familie, umgeben von den drei neu eingestellten Hausbediensteten.
Und was ist
mit Tochter Anne los? Warum ist sie so reserviert der Mutter gegenüber?
Sieht sie wirklich Geister wie den Jungen Victor? Oder gibt es Eindringlinge,
die sich in den Weiten des Landsitzes versteckt haben? Mutter Grace
glaubt zunächst, dass ihre Tochter phantasiert oder Aufmerksamkeit
auf sich ziehen will. Doch bald beginnt auch sie, Seltsames im Haus
zu bemerken. Türen öffnen sich, das Klavier spielt und
schließlich scheint die Tochter von einer alten Frau besessen
zu sein.
Als dann auch
noch der tot geglaubte Ehemann wieder auftaucht und die drei neuen
Angestellten sich merkwürdig betragen, beginnt der Zuschauer
bald an allen Vorgaben zu zweifeln.
Recht so, denn
nun endlich kommt Alejandro Amenábars erster großer
Hollywood-Streifen in Schwung. Auf einmal sitzt man als Zuschauer
nicht mehr - wie in den ersten 30 Minuten - passiv im Kinosessel
und wartet auf die nächste mysteriöse Szene und die schlussendliche
Auflösung, sondern beginnt, sich Gedanken zu machen. Was hat
Grace ihrer Tochter angetan? Hat sie ihr überhaupt etwas angetan?
Welche Rolle spielen die drei Hausangestellten? Wer ist Victor und
was ist mit der alten Dame? Und Szene um Szene setzt sich ein Bild
zusammen, das schließlich alle Vorgaben des Films über
den Haufen wirft.
Splatterfreunde
werden nicht auf ihre Kosten kommen, denn weite Teile von The Others
bestehen aus Andeutungen. Spannung wird mit Stille, passender Musik
und wenigen Andeutungen, mal auch nur mit einem Lufthauch geschaffen.
Das ist sicher aufwendiger, braucht mehr Vorbereitung als ein abgetrennter
Kopf, wirkt dafür aber auch umso nachhaltiger. Gut gemacht,
Herr Amenábar!
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